Unter diesem Claim subsumieren wir die Vielfalt von Gas und dessen Bedeutung für ein CO2-freies Energiesystem 2045
„Gase sind Teil der Lösung und bieten Antworten auf unsere gesellschaftlich drängenden Fragen“
Gase: flexibel, bunt und attraktiv als speicherbarer Energieträger
Welche Farbe hat Gas?
Gas ist bunt. Gleich ob hellgrau, blau, türkis, rot, gelb, grün oder weiss – als Energieträger ist Gas attraktiv für Industrie und Privatpersonen.
Erdgas (CH4) ist hellgrau, wird das Kohlenstoff-Atom (C) von den Wasserstoff-Atomen getrennt und wieder dorthin gebracht, wo das Erdgas herkommt – in die Erde-, sprechen wir von blauem Gas (CCS: Carbon Capture Storage).
Wird der Kohlenstoff in einem Pyrolyseverfahren abgetrennt, fällt er als fester Stoff aus und kann in einem industriellen Wertschöpfungsprozess weiterverwendet werden (CCU; bspw. Kohlefaserprodukte): Wir sprechen dann von türkisem Gas.
Blau und Türkis lassen sich auch kombinieren (CCUS: Carbon Capture, Utilisation and Storage; [Rot oder gelb: mit Hilfe von Kernenergie]). Als Ergebnis entsteht in allen Fällen reiner Wasserstoff.
Als grüne Gase gelten: Biogas (biologisches Methan: Klärgase, aus Pflanzen, …), regenerativ erzeugter Wasserstoff (Elektrolyse), synthetisches Methan (Elektrolyse, CO2 der Luft entnommen und beigesetzt) und selbst weißer Wasserstoff aus natürlichen Vorkommen.
Welchen Vorteil bieten Gase? Welche Rolle haben Gase für unsere Lebenswelt?
Gase sind speicherbar, fein justierbar und energetisch effizient
Mit der Marktdurchdringung des umweltschonenden Energieträgers Erdgas in den 60er-Jahren des vorangegangenen Jahrhunderts hat sich die Luft- und somit Lebensqualität der Menschen verbessert: Die Feinstaubbelastung in Ballungsräumen und Industrie-Clustern sank. Erdgas ist mit der Moderne verbunden, mit neuen Produkten, innovativen Produktionsverfahren und der sukzessiven Verbesserung von Arbeitsbedingungen: mit gesellschaftlichem Aufbruch.
Arbeits-, Lebens- und Luftqualität sind Argumente der Nachhaltigkeit. Erdgas wird heute von den Menschen geschätzt: Von Unternehmen, weil Prozesse mit Gas fein justierbar, speicherbar und energetisch effizient sind. Von den Menschen zu Hause, weil Wärme schnell, bequem, platzsparend und zu vernünftigen Kosten zur Verfügung steht – Gas ist ein energetisches Premium- aber kein Luxusgut. Zusammen mit Wasserstoff, Biomethan und Biogas entsteht ein neues resilientes Versorgungssystem.
Welche Vorteile bieten Gase beim Umbau unseres Energiesystems?
Mit Gasen erfolgt die Emissionsvermeidung kosteneffizient – die Migration in die grüne Welt fließend. Wir sollten uns zunächst nach den Früchten strecken, die in unserer Reichweite am Baum hängen (low hanging fruits).
Welchen Vorteil hat es, zunächst low hanging fruits zu pflücken?
Weil Emissionen, die heute eingespart werden, wichtiger sind als die, die in der Zukunft eingespart werden. Weil wir die finanziellen Mittel so ausgeben sollten, dass wir die maximale Emissionseinsparung generieren.
Warum ist das wichtig?
Das ist für unser Klima, unsere Lebenswelt wichtig. Es ist wichtig, weil wir so viele Menschen wie möglich auf diesen Transformationspfad mitnehmen wollen. Es ist wichtig, weil wir mit der Prämisse der Kosteneffizienz unseren Wirtschaftsstandort Deutschland und unsere industriellen Arbeitsplätze sichern – im Mittelstand und in der Großindustrie –, die so charakteristisch für unser Wirtschaftssystem sind.
Vor allem gewinnen wir aber auch an Fahrt bei der Treibhausgasvermeidung und verhindern carbon leakage, also die Verlagerung von Produktionsstandorten in Länder mit geringeren Auflagen zur Emissionsvermeidung.
Was bedeutet eine fließende Migration?
Fließend bedeutet, Erdgas mit dekarbonisierten und grünen Gasen zu kombinieren und deren Anteil stetig zu erhöhen. Es gibt beispielsweise innovative industrielle Anwendungstechnologien, die einen fließenden Übergang von Erdgas auf Wasserstoff ermöglichen.
Das schafft (Investitions- und Produktions-)Sicherheit für die Industrie und Zukunftsfähigkeit in einem Atemzug. Investitionen bleiben wertbeständig. Die Politik muss den Unternehmen Planungssicherheit geben, damit auch innovative Gasanwendungen ermöglicht und die Wasserstoffstrategien und EU-Wasserstoffstrategie mit Leben gefüllt werden.
Welchen Wert hat unsere heutige Gas-Infrastruktur?
Die heutigen Gas-Infrastrukturen bieten Sicherheit – in der Transformationsphase und in einer grünen Welt. Mit dem nahezu unsichtbar unter der Erde liegenden Pipelinenetz und den Untergrundspeichern existiert bereits ein wichtiges umweltschonendes Energietransport- und Speichersystem.
Wie sieht die Zukunft der Infrastruktur aus?
Mit den Gasnetzen sind wir sehr variabel. Bereits heute nimmt das Gasnetz bunte Gase auf (Biogas). Auch Wasserstoff kann bis zu einem Prozentsatz (rund 10 %) eingespeist werden. Grünes, synthetisches Methan ließe sich quasi unbegrenzt einspeisen.
Die (Teil-)Umwidmung von Gasnetzen in reine Wasserstoffnetze wird vorbereitet. Diese reinen Wasserstoffnetze eignen sich dann zur Aufnahme von Wasserstoff: blauem, türkisenem, grünem, weißem. Die deutschen Fernleitungsnetzbetreiber – zu denen die bayernets GmbH gehört – gestalten die Energiewende aktiv mit und haben Ihre Perspektive zum Aufbau eines Wasserstoffnetzes aus der bestehenden Infrastruktur heraus formuliert.
Und nicht zu vergessen: Teil dieses Systems sind auch effiziente Gaskraftwerke. Gaskraftwerke produzieren Strom und springen ein, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint (bei „Dunkelflauten“). In einer CO2-freien Welt kommt Wasserstoff in den Kraftwerken zum Einsatz.
Einen zusätzliches Backup bieten die vorhandenen Untertagespeicher: In diesen kann Energie für die Strom- und Wärmeerzeugung gespeichert werden. Das sorgt für Energiesicherheit.
Was wünschen wir uns?
Offenes Denken
Wir wünschen uns technologieoffenes Denken. Die Lösung liegt unseres Erachtens – neben dem Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung – im konsequenten Energieswitch von Kohle auf Erdgas, d.h. in der sukzessiven Einspeisung von Biogas, Wasserstoff und CO2-freiem Methan in das bestehende Gasnetz.
Die Lösung liegt auch in der an Verbrauchsclustern orientierten Umwidmung von Gas- in Wasserstoffnetze. So können wir die klimapolitischen Zwischenziele (minus 65 Prozent THG-Emissionen bis 2030 zum Basisjahr 1990) und unser 2045-Ziel erreichen. Technologieoffen bedeutet demnach, alle Farben von Gas zu nutzen.
Marktdesign
Die Infrastruktur zum Markthochlauf für Wasserstoff und grüner Gase muss mit staatlicher Unterstützung so schnell wie möglich errichtet werden. Es gibt bereits Initiativen der Energiewirtschaft zum Aufbau von Power-to-X-Systemen im groß-industriellen Maßstab.
Wirtschaftlich zu betreibende Power-to-X-Anlagen und der Aufbau von Importkapazitäten für dekarbonisierte und regenerativ erzeugte Gase sollten unsere Ziele sein. Dazu benötigen wir ein zu Ende gedachtes Marktdesign.
Akzeptanz
Energie bliebe damit für Unternehmen und die Menschen zu Hause bezahlbar, die breite gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende bestehen.
Energiepartnerschaften mit Ländern, die diese Rolle bisher nicht innehatten, bietet dies neue Chancen für die eigene Entwicklung.
Dekarbonisierung in der Stahlindustrie
Zur weitestgehenden Dekarbonisierung der auf Verarbeitung von Eisenerz beruhenden Primärstahlerzeugung muss die heute weltweit vorherrschende, kohlebasierte Hochofenroute durch Direktreduktionsverfahren abgelöst werden, in denen treibhausgasarm erzeugter Wasserstoff zur Eisenerzreduktion eingesetzt werden kann.
Dieser Weg ist auch unter dem Gesichtspunkt der energetischen CO₂-Vermeidungseffizienz im Vergleich zu anderen Dekarbonisierungsansätzen bei weitem zu bevorzugen. Es werden Werte von 0,5 bis 0,6 t CO₂-Einsparung pro MWh eingesetzter elektrischer Energie erreicht.
Die Tatsache, dass geeignete Direktreduktionsverfahren auch mit Erdgas und beliebigen Mischungen aus Erdgas und Wasserstoff CO₂-arm betrieben werden können, macht diese für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft besonders wertvoll und zukunftsrobust.
Die Verfügbarkeit von Gas spielt bei der Dekarbonisierung der Stahlindustrie eine Schlüsselrolle. Die Umstellung der Rohstahlerzeugung auf Direktreduktion kann einen wertvollen Beitrag zur Skalierung von Wasserstoffanwendungen leisten.